Behavioural Finance Auf Deutsch
Verhaltensökonomik (Behavioural Finance) ist ein Bereich der Wirtschaftswissenschaften, der psychologische Erkenntnisse nutzt, um finanzielle Entscheidungen von Investoren, Managern und Konsumenten besser zu verstehen und zu erklären. Im Gegensatz zur traditionellen Finanztheorie, die von rationalen Akteuren mit vollständigen Informationen ausgeht, berücksichtigt die Verhaltensökonomik, dass Menschen oft irrational, emotional und von kognitiven Verzerrungen beeinflusst sind.
Ein zentrales Konzept ist die Prospekttheorie. Diese Theorie, entwickelt von Daniel Kahneman und Amos Tversky, besagt, dass Menschen Verluste stärker gewichten als Gewinne gleichen Ausmaßes. Dies führt zu Risikoaversion bei Gewinnen, aber Risikobereitschaft bei Verlusten. Ein Beispiel dafür ist der Dispositionseffekt, bei dem Investoren dazu neigen, Gewinneraktien zu früh zu verkaufen und Verliereraktien zu lange zu halten, in der Hoffnung auf eine Erholung.
Weitere wichtige kognitive Verzerrungen sind:
- Verankerung (Anchoring): Sich bei Entscheidungen stark auf eine ursprüngliche Information verlassen, auch wenn diese irrelevant oder veraltet ist.
- Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Informationen suchen und interpretieren, die die eigenen Überzeugungen bestätigen, während gegenteilige Beweise ignoriert oder abgewertet werden.
- Überselbstvertrauen (Overconfidence): Die eigene Fähigkeit und das eigene Wissen überschätzen, was zu riskanten Investitionen führen kann.
- Herdenverhalten (Herd Behavior): Entscheidungen treffen, weil andere sie auch treffen, unabhängig von der eigenen Analyse oder Bewertung.
- Mentale Kontenführung (Mental Accounting): Geld in verschiedene "mentale Konten" einteilen und unterschiedlich behandeln, obwohl es sich um dasselbe Geld handelt.
Die Verhaltensökonomik hat wichtige Implikationen für verschiedene Bereiche der Finanzwelt. Zum Beispiel:
- Investmentmanagement: Verstehen, wie kognitive Verzerrungen Investitionsentscheidungen beeinflussen, um bessere Anlagestrategien zu entwickeln.
- Corporate Finance: Erkenntnisse nutzen, um Unternehmensentscheidungen wie Kapitalstrukturierung, Dividendenpolitik und M&A-Transaktionen zu verbessern.
- Regulierung: Finanzmärkte regulieren, um Anleger vor irrationalem Verhalten und Marktmanipulation zu schützen.
- Persönliche Finanzen: Individuen helfen, ihre finanziellen Entscheidungen bewusster zu treffen und typische Fehler zu vermeiden.
Kritiker der Verhaltensökonomik argumentieren, dass die beobachteten Verhaltensmuster oft nur vorübergehend sind und dass die Märkte langfristig effizient sind. Trotz dieser Kritik hat sich die Verhaltensökonomik als ein wertvolles Werkzeug erwiesen, um die Komplexität menschlicher Entscheidungen im Finanzbereich besser zu verstehen und praktische Anwendungen zur Verbesserung finanzieller Ergebnisse zu entwickeln.